PKW-Wellness - Urlaub für den Vierräder

14.05.2016 11:51

 

365 Tage im Jahr chauffiert er Sie von A nach B und C, über knüppelharten Beton, glühend weichen Asphalt, Schlaglöcher und Kadaver. Ohne Widerrede rollt er durch Schnee, Hagel und Fußgänger. Er beklagt sich nicht über Stickstoff, Straßenstaub und Vogeldung, schluckt ungenießbares Benzin, kennt keinen Lohn und keine Gewerkschaft. Doch sollten sie kein Pferd totreiten, bloß weil es läuft. Stärken Sie stattdessen die Pferdestärken ihres vierrädrigen Freundes mit etwas Car-Wellness! Nach einigen Tagen im Autohotel geht ihr Schätzchen unter ihrem Bleifuß wieder ab, als wäre es frisch aus dem Werk geschlüpft.

 

Lilith (27, Design-Desigerin, Potsdam):
Mein Kätzchen, der Vintage-Jaguar Leo (* 1972), schluckte Diesel wie meine Oma Gin. Ich machte mir Sorgen um seine Verbrennung, schließlich war er nicht mehr der Jüngste. Dito sein Vorbau, vom Fahrgestell gar nicht zu reden. Die Hitze seines Motors drohte, meine Coolness, hm, zu verdampfen; womit sollte ich demnächst retromäßig cruisen, wo ich sonst nur noch einen Porsche 911 Coupe (* 2012) besaß? Wie froh war ich dann über das Angebot "zwei Wochen Berg-Wellness und Vollpension für Ihr Auto". Leo wurde mit einem Premium-Sattelschlepper (Stoßdämpfer aus gehärtetem Moos) abgeholt, schließlich sollten seine Ferien nicht mit Arbeit beginnen. Die Luft in den Walliser Alpen war Sauerstoff für seine Seele. Bei der Morgenwäsche Beschallung mit Bach, dreimal täglich Biosprit, Heißwachs für die ganze Karosserie, organic Lack für seine Problemzonen und zum Einschlafen bei Sonnenuntergang Le-Mans-Rennen von 1960 im Autokino vor dem Monte Rosa. Wermutstropfen: Manchmal glaube ich jetzt an der Ampel, man hat ihm auch Gin in den Ölfilter getan. 

Ulf (47, Architekt, Berlin-Mitte):
Ich war das ganzes Jahr lang mit meinem SUV (Hummer H2) nur durch die Stadt geheizt. Kein Gelände, keine Felsbrocken, keine Erdung. Steigungen jenseits von Garagenauffahrten Fehlanzeige. Stolperschwellen, Baustellen und spielende Kinder sind da kein Ersatz. Als ich meinen Hummer zum "Natururlaub mit Energiebehandlung für den SUV" in den Schwarzwald abholen ließ, war ich skeptisch. Okay, Schlammpackungen klangen zielführend, auch die Camping-Nächte im Steinbruch schienen mir naturorientiert. Aber bei der "Lackmassage durch Hasen und Alpakas" machte ich mir wegen der Tierhaare Sorgen um die Elektronik. Umso erstaunter war ich dann, dass nach dem Urlaub inkl. "spiritueller Heilung der Bordelektronik" die Dolby-4D-Anlage wieder klang wie eine Wagner-Oper auf dem Schwanensee. Einschränkung: Die Stoßstangen waren danach etwas wacklig. Ob's am "Car-Yoga" lag?

Ina-Almut (21, Studentin):
Mein alter Fiat Uno Luigi (*1993) wurde ständig im Alltag gedisst, "Rostlaube" war noch am liebevollsten, "Elefantenrollschuh", "Mobilhindernis" und "Bremsmobil" weniger. Nachdem ich meine italienische Tante beerbt hatte, konnte ich mich rächen für die hunderte Male, die er geschnitten, ausgebremst, zugeparkt und mit Stickern ("ADAC, hierher!") beklebt worden war. Dafür gönnte ich ihm nun - beim "Spa-Urlaub am Nürburgring" - ein tägliches erotic car wash-Programm. Und den Luxuskarren-Besitzern den Anblick meines Fiats, der sich zwischen ihre Z3s, Bugattis und Pullmanns drängte, während vollbehupte Tussies die Seitenspiegel wienerten. Wie sie die Kolben von Roll's Royce, Lamborginis, Maybachs und Luigi, meiner geliebten Möhre, schmirgelten! Wie sie die Kotflügel mit ihren Astralhintern massierten und die Metallteile mit Arganöl streichelten! 5766 Euro für sechs Tage. Die pikierten Blicke der Luxusauto-Besitzer, wenn mein Luigi die Erinnerungsfotos der nackt an der Windschutzscheibe hängenden Vollweiber verschandelte, - unbezahlbar! Nachteil: Ich konnte nicht dabei sein, und muss mir bei alledem meiner Fantasie behelfen.

 

 

Wird Ihr Liebling im Urlaub ordentlich in Eisenfango mariniert, hat es im Alltag ein dickeres Fell.