Billigkur in Tschechien
Müllwerker Reiko U. (42) aus Oederan hatte arbeitsbedingt Rücken, Schulter, Bandscheiben und Nacken. Ärzten misstraute er und da er gehört hatte, dass man im benachbarten Tschechien günstig kuren könne, fuhr er kurzentschlossen nach Teplice hinter der Grenze. In den ältesten Kurort des Kurlands Tschechien. Für nur 20 Euro pro Nacht buchte er sich in einer sympathischen Wellness-Pension ein und genoss eine gute, aber wie bereits zuhause in Sachsen wirkungsarme, klassische Massage. Dann freute er sich über das vielfältige Angebot im mondänen Kurhaus Beethoven. Ein Stunde Gruppenbaden im ca. zwölf mal zwölf Meter großen Thermalbecken jenseits seines Alltagsmülls kostete gerade mal vier Euro, jedoch schien das gefühlt 28 Grad warme und farblose Wasser neben Chlor andere Ingredenzien in höchstens homöopathischer Dosis zu enthalten; und die versprochene Radioaktivität spürte man ohnehin nicht bzw. erst viel später. Immerhin wurde seine Haut schrumpelig, aber das half den kaputten Knochen darunter nicht. An der Rezeption erfuhr Reiko, dass es noch ein weiteres Angebot des Thermalbadens gab: 20 Minuten für 13 Euro. Für diesen Preis sollten jawohl Schwefel, Jod, Schlamm und was sonst noch seinem Skelett guttun würde, im Wasser drin sein. Unter Anleitung einer freundlich-resoluten Badefrau bestieg er nun ein individuelles Bassin - und badete in gut dreißg Grad warmem, aber ebenso konventionell anmutendem Wasser. Dafür durfte er anschließend noch einige Minuten in Laken und Decke gehüllt auf einem Bett abliegen. Und die kreislaufsedierende Wirkung eines gewöhnlichen Wannenbades fühlen.
Am Abend saß Reiko vor dem Internet, befragte es und erfuhr, dass Thermal namentlich lediglich Wärme garantierte. Und dass es in Ungarn in praktisch jedem Dorfschwimmbad Becken mit echtem, grün-schwärzlichem Schwefelwasser gibt. Er streckte seinen von Rücken geplagten Rücken durch, um aufzustehen, und ging in die nächstbeste Bierwirtschaft. Dort kurierte er sich mit tschechischem Qualitätsbier für maximal €1,50 / 0,5l von innen. Schon bald verspürte er anstelle der Gliederschmerzen sanfte Schwebeteilchen der Glückseeligkeit, die sein Blut durch Körper und Geist transportierte. Und wann immer er die Anwendung wiederholte, sie funktionierte; je höher er sie dosierte, umso besser.