Deutschlanddurchquerung per Kaffeefahrt

26.05.2013 10:39

Stefan W., Versicherungsdesigner aus Dirnismaning und Tim S., Immobilienmakler aus Heimstetten, wollten ihre Jugend vor dem 40. Geburtstag beschließen, indem sie eine Pionierreise unternahmen, die vorher noch niemand gewagt hatte. Doch die Abenteuer waren alle schon bestanden: mit dem Fahrrad durch Afrika, ohne einen Euro zur Antarktis, im Winter mit dem Motorrad durch Sibirien, im Laufschritt um den Globus, etc.

Nach Bier Nr. 5 oder 7 fiel ihnen ein, dass sie den Suchraum erweitern mussten. Sie waren beide noch nicht alt, aber alt genug, um sich nicht mehr mit den Jungen messen zu können. Da kam Tim, dass es ebenso extrem wäre, per Kaffeefahrten zu reisen, worauf Stefan beisteuerte, dass sicher noch niemand Deutschland von Nord nach Süd allein per Kaffeefahrt durchquert hatte.

Um bei eventuellen Widrigkeiten das Risiko zu streuen, sodass mindestens einer durchkäme, machten sie sich getrennt von Flensburg gen Garmisch-Partenkirchen auf, Tim über den Westen, Stefan über den Osten.

Tim fiel es nicht schwer, bei den Werbeverkaufsveranstaltungen wegen geschäftsschädigenden Verhaltens rausgeworfen zu werden. Da die Fahrten abends am Ausgangsort endeten, musste er ohnehin unterwegs aussteigen. Nach einer Nacht im Freien half ihm mitunter ein Geldschein, um in einen Bus mit anderem Zielort umzusteigen. Über solches Kaffeefahrthopping gelangte er bis ins sog. "Mitteldeutschland". Seine Expedition endete jäh im Elbsandsteingebirge, wo er auf einer Antifaschistischen Kaffeefahrt beim Versuch, Nazis beim Kaffeetrinken zu stören, eine dicke Lippe riskierte - und am Ende zwei davon hatte.

Stefan fand den Betrug an einsamen Rentnern nach ein paar Tagen unerträglich, weshalb er auf rein touristische Fahrten umstieg. Da seine Glieder vom vielen Sitzen ermüdet waren, gab er während einer Bootsfahrt auf dem Rhein dem Ruf der Loreley nach, sie zu besteigen. Nach dem Gipfelsieg blieb sein Blick beim Abstieg an einer jungen Dunkelblonden mit kecken Pferdeschwanz hängen, während seine Beine weiter abwärts liefen. Sein Knie rannte gegen einen Felsblock, und eine Stunde später verkündeten die Malteser das Ende seiner Kaffeefahrt. In der Reha vertrieb er sich dann die Zeit mit Tagesfahrten zur romantischen Burg Eltz und der Wirtin von der Lahn. Garmisch-Partenkirchen erreichte auch er nicht.