Reiseland Sachsen - ein Beitrag zur Versachlichung

23.08.2015 16:24

 

Griechenland, Albanien, Iran, Kuba ...  - es gibt so viele Länder, die Sie als Besucher mit Gastfreundschaft umarmen. Länder, wo die Menschen Ihnen ungefragt den Weg weisen, das Gepäck aus der Hand nehmen und unbekannterweise free hugs schenken. In Albanien zelten die Hoteliers auf dem Felde, um Ihnen ihr beengtes Heim zu überlassen, im Iran kommen Sie als Individualtourist in den Genuss der versammelten kulinarischen und musikalischen Kompetenz eines ganzen Dorfes. Doch die überbordende Herzlichkeit in solchen Gegenden macht es Ihnen als erfahrenem Touristen schwer, ja unmöglich, Ihre Reisekompetenz einzubringen. Dies ist nicht die Schuld der überbehütenden Einheimischen, ist die Gastfreundschaft doch tief in der Mentalität dieser Völker verwurzelt und nur schwer mit zeitgemäßer Ellbogenmentalität zu ersetzen.
 

Interessant wird das Reisen für Sie als Profi freilich erst, wenn Sie das Gefühl bekommen, gegen den Willen der Gastgeber Urlaub zu machen. Sachsen hat in Fremdenskepsis ("Xenophobie") mindestens 25 Jahre Expertise und diesen Ruf in den letzten Wochen und Monaten mit beispielloser PR ausgebaut. Sogar in den USA wird berichtet.

Doch wer Sachsen besucht, kommt üblicherweise zuerst nach Dresden und wird dort mitunter noch mit verstörender Gastlichkeit konfrontiert. Freundliche Menschen weisen Ihnen den Weg zur Radeberger Oper oder wissen auf die Frage, ob das Grüne Gewölbe geöffnet habe, nicht nur in schnöder ja/nein-Dichotomie, sondern zeitgenau mit "nu" bzw. "ni" zu antworten. Allenthalben warten Ihnen importierte Pferdekutschen und drollige DDR-Autos auf, um Sie durch die schöne, ehemals nahezu zeitgemäße ("Spätbarock") Stadt zu chauffieren. Und in eigens errichteten Restaurants ziehen Eingeborene unbequeme Barockperücken und -kleider an, nur um Ihnen das Gefühl zu geben, extra für Sie pompösen Barock zu inszenieren. Es gibt fremdländische Gaststätten, und hier und da wird sogar englisch verstanden.

 

Dresden: Lassen Sie sich durch die oberflächliche Schönheit des Barockrahmens nicht den Blick auf die Einzigartigkeit der Fremdenskepsis in der Stadt verstellen

 

Aber selbst in Dresden ist es nicht schwer, Authentisches zu finden. Besuchen Sie ein Spiel des drittklassigen Dynamo Dresden, dessen Fans erfolgreich den Ruf verteidigen, die schlimmsten der Republik zu sein. Verstehen Sie das Idiom der Fußballanhänger im K-Block, und Sie werden ungeschminkte Holocaust-Verehrung hören. Nehmen Sie anschließend ein Bier in der Szenekneipe Acki's Sportsbar ein, und es wird schon bald ein 2x1-Meter-Nazi auf Ihren Zehen stehen und feststellen, dass Sie im auf den Fuß gestiegen seien. Wenn Sie nur ein bisschen Glück haben, ruft auf dem Weg ins Hotel die einheimische Jugend ein "SS, SA, Germania!" durch die Straßenbahn, oder Sie können von der Bahn aus einen Original-Pegidaspaziergang beobachten.

In den Kleinstädten Sachsens brauchen Sie kaum der Globalisierung geschuldete Willkommenskultur zu befürchten. Hält man Ihnen dennoch ungewollt ein offenes Ohr entgegen, werden Ihnen in Freital, Meißen, Heidenau und Co. schnell die von Inzucht abgestumpfen Antlitze von Glatzenmännern ins Auge fallen. Allerdings weisen wir darauf hin, dass zwischen Plauen und Görlitz, Zwickau und Freiberg oft ein fremdländisches Äußeres notwendig ist, um verbale bis handgreifliche Ablehnung zu erfahren. Schlimmstenfalls können Sie sich von Flüchtlingen aus Afrika oder dem Orient begleiten lassen. Richtig abenteuerlich wird es, wenn Sie eine brandneue Unterkunft wählen. Improvisierte Herbergen in Turnhallen ermöglichen Ihnen, sich für den Körperkontakt mit den Einheimischen fit zu machen. Eine touristische Besonderheit in Sachsen ist die Unterbringung mit Drittwelt-Komfort. Im Gegensatz zu anderen Anbietern z.B. in Südafrika sind hier sanitäre und gesundheitliche Not echt. Und wenn die Aggressionen durch Lokalpatrioten einmal ausbleiben, sorgen durch die dichte Unterbingung verursachte Konflikte für Kurzweil.

 

Edit 20.9.2016: Wir entschuldigen uns für die präsenile Milde dieses Textes.

 

Vorsicht in Plauen: Der Nationalismus ist hier nur schlechtgetarnte Satire

 

Wie kann aber das für den fortgeschrittenen Tourismus nötige Aggressionsniveau hochgehalten werden? Möglich wird dies durch den anhaltenden Fortzug junger in der Schule fleißiger Frauen aus Crimmitschau, Oederan, Oberhäslich und Co. Der dadurch gewährleistete Hormonüberschuss der männlichen Jugend erzeugt das Selbstwert stabilisierende Bewusstsein, vermöge dessen Sie sich Ihren Urlaub erkämpfen dürfen. Unseren Recherchen zufolge und im Widerspruch zur aktuellen Berichterstattung ist das allergrößte Xenophobie-Aufkommen der nationalbefreiten Zone nicht im Großraum Dresden, sondern wie schon seit Jahrzehnten in Hoyerswerda zu finden.

Eine ausdrückliche Reisewarnung müssen wir jedoch aussprechen, was Leipzig anbelangt. Dort dominiert die linksalternative Szene: buntgekleidete, tolerante Menschen, die mit Annehmlichkeiten und gar kreativer Kunst auf Ihr Wohlergehen aus sind.

 

Sächsische Spezialität: Auch die schmutzigste Einzigartigkeit wird kultiviert