Schneekanonen auf das Sudelfeld

24.12.2014 10:37


Im Sudelfeld hat man gegen die Winterrenitenz der Voralpen einen Stausee errichtet, der 150 Millionen Liter Wasser für 240 Schneekanonen bereithält. Das Travelmag hat mit dem Liftunternehmer Sigi Seichl gesprochen.
 

Travelmag: Verehrter Herr Seichl, die Bagger haben Ihr Werk getan. Der Riesenspeichersee ist nicht nur das neue Wahrzeichen des Oberlands, sondern auch ein "Kunstschneereservoir" sondersgleichen, wie es der Bayrische Rundfunk so treffend formuliert hat. Der ansich schöne See wird bald dem Skilaufen in Bayern eine Renaissance bescheren, politisch initiiert vom tüchtigen Landrat Kreidl und großzügig unterstützt vom bayrischen Steuerzahler mit 15 Millionen Euro. Um's kurz zu sagen: eine Tripel-Win-Situation für Mensch, Tier und Natur. Was sind das aber für Menschen, die glauben, das Superprojekt trotz allem kritisieren zu müssen?

Seichl: Wir in Bayern leben gelebte Demokratie; da hat zwar jeder das Recht, vernünftig zu sein, aber zwingen kann man keinen. Doch wir konzentrieren uns lieber auf das Schöne: das mediterrane Klima, das uns Alpentouristiker auch in den Wintermonaten an solchen Projekten bauen lässt.

Travelmag: Sie meinen, der Berg wollte den Stausee selber, damit er wieder seine natürlich weißes Winterkleid zurückerhält?

Seichl: Ich würde es so sagen: Die sogenannte Klimaerwärmung ist in erster Linie eine Innovationschance. Man wirft uns vor, dass die Schneekanonen bei mehr als ein Grad plus gar nicht funktionieren würden ...

Travelmag: Aber das ist zu kurz gedacht, oder?

Seichl: Wir verstehen ja, dass Umweltverbände ihre Klientel mit Standardargumenten pflegen müssen. Es passt halt nicht in ihre Ideologie, dass eine vermeintliche Sackgasse dennoch den Weg in ein Neuland bereitet.

Travelmag: Welches Neuland vermögen die Schneekanonen zu erschließen?

Seichl: Wir können heute mühelos Bodenheizungen unter einer Wiese verlegen, denken Sie an Fußballfelder. Was man warm machen kann, kann man auch kalt machen. Macht man dies etwas gründlicher, kühlt auch die Luft darüber merklich ab.

Travelmag: Ihnen schwebt also eine Art inverse Bodenheizung vor?

Seichl: So eine Innovation schafft hunderttausende Arbeitsplätze in den Alpen: Kühlaggregate, Rohrsysteme, Abflüsse. Dazu muss man in gigantischem Ausmaß neue Energie produzieren und transportieren. Und schon wieder haben wir hunderttausend Arbeitsplätze. 

Travelmag: Das klingt brillant und nach einer Zukunft mit Zukunft. Welche Art von Energie schwebt ihnen da vor?

Seichl: Neben Wasserkraftwerken an den Stauseen: Sonne, Sonne, Sonne. Außerdem sollte man von oben her mit Chemikalien aufs Klima einwirken. Duales System der Erdkühlung nennen wir das.

Travelmag: Der sogenannte Klimawandel ist also die Triebfeder der Wiederkehr des Winters in den Alpen?

Seichl: So könnte man sagen.

Travelmag: Welche Vorteile hat das dann speziell für das Sudelfeld und für München?

Seichl: Die Innovationswelle wird unser Sudelfeld klimatisch auf Hochalpen-Level heben. Und das noch eine Autostunde entfernte München wird zum Wintersportzentrum schlechthin auf dem Planeten. Wir hoffen zudem auf eine Renaissance des Transrapid, aber unter anderem Namen, versteht sich.

Travelmag: Die Münchner Jugend soll wieder lernen, wofür "Ski" in Après-Ski steht?

Seichl: Sie soll wieder in den Genuss eines echten Naturgefühls kommen. Bewegung an frischgekühlter Luft in atmungsaktivem Goretex. Danach schmeckt der Jagertee doppelt gut.

Travelmag: Da möchte man der Natur und der Jugend doch gleich zuprosten. Zum Abschluss noch eine private Frage an Sie: Haben Sie bei all ihrem ökologischen und sozialen Engagement denn überhaupt noch Gelegenheit, ein christlich-stades Weihnachten zu feiern?

Seichl: Ich habe gelernt, in kurzer Zeit besonders intensiv zu genießen. Wer hart gearbeitet hat, kann sich auch mal was Schönes gönnen. Wir fahren an Weihnachten mit der ganzen Großfamilie ins Spiegelzelt meines lieben Freundes Alfons Schubeck. Ich spende diesmal 1000 Euro für die Uschi-Glas-Brotzeit-Stiftung. Das ist mir persönlich ganz wichtig, dass man auch an die armen Schweine in Afrika und der Welt draußen denkt.

Travelmag: Tue Gutes und spreche darüber, dann tun andere auch Gutes?

Seichl nickt und unterdrückt ein Lächeln.

Travelmag: Dann wünschen wir Ihnen ein gesegnetes Weihnachtsfest im Kreise Ihrer Liebsten, ein erfolgreiches 2015 und das Allerbeste für Ihre innovativen Renaturierungsprojekte.

Seichl: Ich bedanke mich und sage: Schnee okay und servus auf bald im Skimegaparadies Sudelfeld!

 

 

Schneekanone im Sudelfeld: der grüne Berg muss die weiße Fahne hissen